"Brandmauer" und doppelte Standards: Hausgemachter Vertrauensverlust und die Frage, warum die AfD so stark ist

Veröffentlicht am 07. Mai 2025 auf Regiotrends.de

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Sehr geehrte Mitglieder der neuen Bundesregierung und der Opposition,

als liberaler Kommunalpolitiker und ehemaliger Europakandidat beobachte ich mit Sorge die aktuelle politische Debatte in unserem Land. Es ist bemerkenswert, wie der Begriff der „Brandmauer“, ursprünglich von der AfD geprägt, mittlerweile von nahezu allen politischen Akteuren verwendet wird. Diese inflationäre Nutzung wirft Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit und die Konsequenz unseres politischen Handelns.

Warum wird eine „Brandmauer“ zur AfD errichtet, nicht aber zur Linken? Beide Parteien vertreten radikale Positionen, wenn auch an entgegengesetzten Enden des politischen Spektrums. Die jüngsten Aussagen von Fr. Reichinnek, die zu einer „radikalen“ Politik aufruft, lassen Zweifel an ihrer Verfassungstreue aufkommen. Wo bleibt hier die differenzierte Betrachtung durch den Verfassungsschutz? Die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ wirft ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit einer ebenso kritischen Auseinandersetzung mit der Linken.

Die jüngsten Ereignisse, bei denen die CDU sich dem Druck der SPD beugte und einen Geschäftsordnungsantrag zur Änderung der Wahl zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschlands nicht gemeinsam mit der AfD unterstützte, zeigen eine bedenkliche Tendenz. Gleichzeitig sucht Friedrich Merz den Schulterschluss mit der Linken, deren Positionen ebenso radikal sind. Diese Inkonsistenz in der politischen Praxis untergräbt die Glaubwürdigkeit unserer demokratischen Institutionen.

Die Forderung nach einem Parteiverbotsverfahren gegen die AfD halte ich für kontraproduktiv. Die hohen Hürden für ein solches Verfahren, wie die Beispiele der NPD-Verfahren zeigen, bergen die Gefahr, dass die AfD gestärkt aus einem solchen Prozess hervorgeht. Sie könnte sich weiter als Opfer inszenieren und ihre Anhängerschaft weiter mobilisieren.

Die einseitige Fokussierung auf die AfD und die Vernachlässigung einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit ihren Positionen ist besorgniserregend. Stattdessen wird die AfD pauschal verteufelt, ohne ihre Argumente zu entkräften. Diese Strategie verfehlt ihr Ziel. Die steigenden Mitgliederzahlen der AfD, insbesondere seit der Einstufung als „gesichert rechtsextrem“, belegen dies. Hierbei muss auch die Rolle des Verfassungsschutzes, als weisungsgebundene Behörde des Innenministeriums, und das fragwürdige Agieren der ehemaligen Innenministerin Frau Faeser kritisch hinterfragt werden.

Es macht den Eindruck, als bräuchte es die AfD überhaupt nicht, um das Vertrauen in einen handlungsfähigen Staat nachhaltig zu beschädigen. Das schaffen die Parteien der Mitte schon von selbst. Siehe auch die jüngst veröffentlichten Aufnahmen von Herrn Söder, wo er die Stärke der Rede von Frau Weidel hervorhebt.

Es ist unerlässlich, die Ursachen für den Aufstieg der AfD zu analysieren und die zugrunde liegenden Probleme anzugehen. Nur so können wir den Nährboden für extremistische Strömungen austrocknen. Die aktuelle Politik muss die wahren Probleme der Menschen erkennen und Lösungen anbieten, anstatt sich in ideologischen Grabenkämpfen zu verlieren.

Ich appelliere an alle politischen Akteure, zu einer rationalen und differenzierte Debatte zurückzukehren. Es ist an der Zeit, die Herausforderungen unserer Zeit anzunehmen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die unsere Demokratie stärken und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft fördern.

Bei allen Differenzen wünsche ich Herrn Merz und der neuen Bundesregierung von Herzen Erfolg für unser Land. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, und ich hoffe, dass seine und ihre Entscheidungen zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger beitragen. Geben wir ihm die Zeit, die es braucht, um seine Politik zu gestalten.

Mit besten Grüßen

Dirk Meyer

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